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L E T ' S  T A L K  P E R I O D S !

BLOGGER BAZAAR

LET’S TALK PERIODS, GIRLS AND BOYS!

Es besteht eine direkte Korrelation zwischen deinen Menstruations-Stories, dürftiger Awareness für Perioden-Probleme, der Steuer auf Tampons und mangelnden sozialen Projekten für Hygiene-Artikel:
Es gibt Geschlechtsidentitäten und Sexualitäten, es gibt jede Fassette von LGBTQIA und noch viel mehr: Gender as a spectrum! Rein biologisch gesehen aber, ausschließlich auf die Form und Funktion der menschlichen Geschlechtsteile bezogen, unterteilen wir in weiblich und männlich. In Vagina und Penis. In Sperma und Eizelle. In PMS und Nicht-PMS. Denn wir Frauen können nicht nur Kinder bekommen, sondern in diesem Zuge auch unsere Periode. Es ist ein Phänomen, das in einem durchschnittlichen Frauenleben innerhalb der westlichen Gesellschaft etwa 450 Mal vorkommt, 3.500 Tage und 10 Jahre unserer Zeit einnimmt. Ein Ergebnis unserer Reproduktionsfähigkeit, das etwa 11.000 Tampons pro Frauenleben in die tiefen unserer Kanalisationen befördert und jede von uns etwa 15.000 Euro kostet. Der Preis einer großen Packung Tampons liegt in Deutschland zwischen drei und fünf Euro. Sie hält etwa drei bis sechs Monate, je nach Stärke, Regelmäßigkeit und Freundinnen, die zu Besuch sind. Für die Würde, die wir uns damit erkaufen, ist es extrem erschwinglich – weniger als ein Abendessen, mehr als der obligatorische Coffee-To-Go am Morgen. Aber sollte unser weibliche Würde mehr als ein Kaffee kosten? Ist sie nicht unantastbar, ist sie nicht der erste Eintrag in unserem Gesetzbuch, der Wert, der alle anderen ausschlägt?

 

Diesem Gedankenexperiment folgend entstand in Schottland vor Kurzem ein Pilotprojekt: In Aberdeen wird die ‚Community Food Initiatives North East’ zusammen mit dem Äquivalent der deutschen Tafel ‚The Trussell Trust’ innerhalb von sechs Monate an Schulen, Universitäten, sozialen Einrichtungen und lokalen Organisationen Hygiene-Artikel für die Periode verteilen. Ein kostenloser Zugang zu Tampons und Binden soll somit vor allem für mittellose Mädchen und Frauen gewährleistet werden. In Amerika und Großbritannien wird dieses Problem ‚Period-Poverty’, also Perioden-Armut, genannt. In einkommensschwachen Haushalten oder bei armen Einzelpersonen, besonders bei Obdachlosen, reicht das Geld oft noch nicht einmal für eine ausreichende Ernährung oder ein Dach über dem Kopf. Drei Euro für drei Monate scheinen nicht viel zu sein, solch eine Menge Geld bedeutet für Andere gegebenenfalls aber Essen für ein paar Tage, oder im Umkehrschluss ein paar Tage hungern.

In Schottland kommt es vor, dass Mädchen aufgrund ihrer Periode nicht in die Schule gehen, weil sie sich die dazugehörigen Hygieneartikel nicht leisten können und sich vor den Konsequenzen schämen. Es ist ein Land mitten in Europa in dem Mädchen und Frauen nicht selten zu Socken, Klo- und Zeitungspapier greifen müssen – das Stigma allerdings, das diese Mädchen vermeiden wollen, ist in anderen Ländern und Kulturen noch viel höher: 

 

In Bolivien wird teilweise an dem Glauben festgehalten, dass die Entsorgung von benutzen Tampons und Binden zu Krankheiten, wie Krebs, führen kann. In Indien dürfen menstruierende Frauen und Mädchen nicht an der Zubereitung von Nahrungsmitteln teilnehmen, da die Gefahr der Verschmutzung der Zutaten bestünde. In Afghanistan wird Frauen gesagt, sie würden ihre Fruchtbarkeit verlieren, würden sie während ihrer Periode duschen oder ihre Geschlechtsteile waschen und fast die Hälfte der Mädchen im Iran glaubt, dass die Menstruation eine Krankheit sei. In Kenia fehlen junge Frauen durchschnittlich 4,9 Tage im Monat wegen ihrer Periode in der Schule und 70 Prozent der Fertilitätskrankheiten in Indien werden durch mangelnde Hygiene verursacht. 88 Prozent der Frauen weltweit haben keinen Zugang zu Hygieneprodukten, die in Bezug zu ihrer Periode stehen. Allein in Deutschland leben etwa 63.000 Frauen auf der Straße (siehe Plan International und Huffington Post). Warum also gibt es nicht mehr Initiativen, wie die aus Schottland oder von Maxi und Tom aus Berlin, die Geld für Tampons und Binden für obdachlose Frauen sammeln – Warum werden Lebensmittel und Zeitungen mit nur sieben Prozent versteuert und Tampons und Binden mit ganzen 19 Prozent? Warum bekommt eine deutschlandweite Initiative für die Steuersenkung auf nötige Hygieneartikel nur 10.000 Unterschriften?

 

Die Antwort ist ganz simpel: Weil die Periode immer noch nicht als das angesehen wird, was sie ist – als natürlich und notwendig für die menschliche Fortpflanzung. Weil Menstruation eines der letzten existierenden Tabus ist. Weil wir bluten, aber nicht darüber reden. Weil die Werbung uns vermittelt wir hätten ein Problem, das nur durch diskrete, geruchsneutrale und sterile Hygieneartikel gelöst werden kann. Weil wir zwar unsere Periode haben dürfen, sie uns aber nicht anmerken lassen sollen. Weil Donald Trump einer Reporterin unzureichende Kompetenz aufgrund ihrer Tage unterstellte. Weil ein Bild der Influencerin Rupi Kaur von Instagram gelöscht wurde weil sich ein Blutfleck auf ihrer Jogginghose abzeichnete. Weil die Periode ein Allgemeinwissens-Fakt ist, den die Hälfte der Population vergisst, und die andere Hälfte der Population verschweigt.

 

Selbst in ‚aufgeklärten’ Kreisen, in meinem allernächsten Umfeld, in einem Haushalt, in dem mein Vater am Tisch über den Sex mit seiner Frau in der vergangenen Nacht redet, mein 12-jähriger Bruder Nagellack und „Frauen“-Portemonnaie trägt und mein Vater, der Mann von meiner Mutter und ihr Freund zu dritt Bier trinken gehen – selbst dort ist das Thema Periode ein selten angesprochenes. Sicher nicht aus Absicht oder Ignoranz, sondern einfach aus Gewohnheit. Außerhalb meiner Girls-Runden habe ich zunächst nie über meine Tage geredet bis wir innerhalb dieser Gruppe exzessiv über Bettlaken-Unfälle, die Intoleranz von One-Night-Stands für Schmierblutungen und die unangenehmen blauen Fäden, die aus unseren Vaginas herausbaumelten, geredet haben. Nur langsam habe ich angefangen auch mit Männern über das Thema zu reden. Dieser Prozess war ein schleichender und fing mit unserem Mitbewohner in einer fünfer Mädels-WG an, deren Zyklen sich trotz Mythos synchronisierten. Irgendwann behandelten wir ihn, wie eine von uns und bauten alle Blockaden ab. An seinem letzten Tag in unserer Wohnung dankte er uns für das Bootcamp in Sachen Beziehungsvorbereitung und wir befanden ihn für Flügge. Nach WG-Talks kamen fremde Frauen und andere männliche Freunde in den Genuss von Perioden-Stories und mittlerweile ist eine meiner meist rezitiertesten Geschichten, die bei der ich eigentlich keine Süßigkeiten mag, mich aber mindestens einmal im Monat, von meinem Uterus-Kompass geleitet und ganz unbewusst, vor dem Schokoladenregal wiederfinde. Oder die Airbnb-Dusch-Gebärmutterschleimhaut-Szene in Venedig. Oder die, als ein Hund meine Vagina anhechelte, weil er durch meine Jeans, trotz Intimwaschmittel und geruchsneutraler Slipeinlage meine Menstruation roch. Oder damals, als ich noch ein unwissender Teenager war und meine vollgeblutete Unterhose auf der Toilette einer Freundin verstecken wollte. Ich bin sicher wir haben alle ein paar Stories. Gleichzeitig bin ich mir aber auch sicher, dass die meisten von uns sie nicht erzählen, dass sie irgendwo zwischen dem Wissen von Natürlichkeit und dem Gefühl von Scham vor sich hinschlummern. Und das ist einer der Gründe, warum weltweit Mädchen nicht in die Schule gehen können, warum Frauen sich Entzündungen zuziehen, warum unser Geschlecht als schmutzig empfunden wird. Weil wir nicht reden, weil wir keine Diskussion ins Rollen bringen, weil wir uns nicht einsetzen. Let’s talk periods, girls and boys!

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